Buchtipp: "Die vierundfünfzigste Passagierin"

Lisa, die biedere Büroangestellte, fühlt sich ausgebeutet und unverstanden. Eine Dienstreise wird zum Sprungbrett für die vermeintliche Freiheit. Sie kehrt dem Arbeitsalltag den Rücken. Die Flucht aus dem öden Dasein birgt allerdings ungeahnte Gefahren. Und Mona, die Lisa für ihre Lebensretterin hält, ist der Aussteigerin auf der Spur.

"Die vierundfünfzigste Passagierin", der erste Roman von Franca Orsetti, erschienen im UHUDLA-Verlag.

480 Seiten, Farbeinband. Euro 17,80. Erhältlich im guten Fachhandel oder direkt beim UHUDLA (Bestellformular)

Freitag, 6. Februar 2009

Kommissarin 14 - Kapitel 4

Überrascht über den Nachweis, dass körperliche Bewegung (und wären es nur zwei Stufen) die Tätigkeit des Gehirns anregt, blieb ich stehen und erfuhr, dass ich mich am falschen Weg befand. Die »Ka Punkt Breugel« wäre unten angesiedelt. Mir insgeheim gratulierend, dass ich mit meiner Theorie von polizeilichen Arbeitsstätten in niedrigen Etagen Recht hatte, wunderte ich mich laut, warum mir das nicht aufgefallen war.
»Haben Sie auch wirklich geschaut?« fragte sie zurück, »unten, im Erdgeschoss. Rechts hinter den Postkästen geht ein Gang rückwärts, da ist es.«
Okay, dort hatte ich keinen Blick hingeworfen. »Es ist nicht so einfach zu finden«, zeigte die Auskunftsperson Verständnis, »ich zeig’s Ihnen.«
Wir stiegen die Stufen hinab, die ich mühsam hinauf gestapft war. Für eine Sportlerin schlich sie, fand ich. Bein einigen Sportarten kam es Langsamkeit an, aber musste sie das neben mir praktizieren? Dafür unterhielt sie sich angeregt mit mir, wollte wissen, wer ich war und warum ich zur KB wollte. Ich ratterte mein Sprüchlein herunter, von wegen Praktikant und dass die »Ka Punkt Breugel« spezielle Akten bearbeite, die ich wiederum die Ehre hatte einzugeben (als ich das erzählte, wurde mir wieder einmal die Lächerlichkeit der Verwaltungsmaschinerie vor Augen geführt – ich war schon am besten Weg gewesen, die kritische Außensicht zu verlieren), und meine Chefin hätte nun einen Termin vereinbart, weil wir was abklären müssten. Dummerweise stotterte ich richtiggehend herum – wie peinlich! Bei der KB müsste ich überzeugender auftreten, nahm ich mir vor und beschloss, dies als Probegalopp aufzufassen: Je katastrophaler die Generalprobe, umso exzellenter bekanntlich die Premiere!
Wir hatten beinahe das Erdgeschoss erreicht: »Also, da vorne«, erklärte meine Begleiterin gerade, als ihr plötzlich was einfiel. »Mist, jetzt habe ich den Fahrausweis vergessen!«
Zum Laufen?
Sie würde, informierte sie mich, am Donaukanal entlang laufen und hinüber in den Prater. Zurück aber manchmal mit den Öffis. Dafür benötigte sie ihre Jahreskarte der Wiener Linien.
Ich versicherte ihr, ich würde schon das Büro finden, und bedankte mich. Sie sprintete die Stiegen hinauf. Sieh an, kam sie doch auf Tempo! Wahrscheinlich hatte sie mit mir plauschen wollen.
Rasch hatte ich den angegebenen Gang entdeckt. Ich marschierte, nicht gerade »rückwärts«, immerhin nach hinten. Leider fand sich am Ende kein Schild mit »K. Breugel«. Nur zwei Türen, ohne Angabe. Die eine machte ich kurz auf, nur einen Moment; der Gestank erklärte mich schneller die Umrisse der Müllcontainer, was der Zweck dieses Raums war. Die zweite Tür ließ sich nicht öffnen. Verschlossen. Ich klopfte, es tat sich nichts. Das kam mir nicht wie der Eingang zu einem Büro vor, sondern eher wie ein Durchgang, möglicherweise eine Verbindung zu einem anderen Haus.
»Die hat mich einfach gefoppt!« stellte ich erstaunt fest. Wollte sie nicht das Gesicht verlieren, weil sie es nicht wusste? Warum hatte sie sich jedoch später daran »erinnert«? Dafür gab es nur einen logischen Grund. Mit gestärktem Selbstbewusstsein, dass sogar ältere Frauen mit mir anbandeln wollten, rief ich den Aufzug (kein Fußmarsch diesmal, sondern systematisch von oben nach unten). Vielleicht lief sie mir nochmals über den Weg; ich würde sie wohl kaum in der kurzen Zeit verpasst haben.
Meine gute Laune schwand allerdings in den folgenden Minuten. Mir fiel ein Austro-Pop-Song über ein Taxi ein, der in meiner Kindheit in war. Während ich sehnsüchtig nach oben starrte, dass ich beinahe eine Nackenstarre bekam, ging mir der Refrain nicht aus dem Kopf: »Kummt net, kummt net.« Das galt übrigens nicht nur für den Lift, sondern auch für meine charmante Begleiterin, der ich verdankte, dass ich wieder unten, also von vorne beginnen musste. Besser für sie, sich nicht blicken zu lassen, inzwischen war ich nicht mehr sehr eingenommen von ihr.
Seufzend machte ich mich schließlich daran, das Haus Stubenring 24b nochmals zu bezwingen. Im dritten Stockwerk entdeckte ich zwar nicht das Büro der KB, aber eine offen stehende Aufzugtür. Kein Wunder, dass der Lift nicht funktionierte!
Ich wollte beinahe aufgeben, als ich im sechsten, Pardon, offiziell vierten Stock ein dezentes Türschild mit »Komm. Breugel. Abteilung für die Aufklärung ungelöster Fälle« entdeckte. Nichts von wegen »K Punkt Breugel«, wie diese Jogger-Tante behauptet hatte. Ich war am Ziel angelangt.
Plötzlich wurde ich wieder nervös. Unschlüssig blieb ich vor der Tür stehen, redete mir ein, ich müsse mal zu Atem kommen.